"Bußgeldbescheid" auf Russisch
Ich bin auf dem Weg von Sankt Petersburg nach Moskau geblitzt worden. Der Klassiker: eine Schnellstraße geht per Ortseingangsschild in eine Ortschaft über, kurz danach steht ein Videowagen der Straßenüberwachungsbehörde. Auf der Schnellstraße galt Tempo 110 km/h, ab Ortseingangsschild 60 km/h. Ich wurde mit 90 km/h gefilmt. Der Bußgeldbescheid ging am nächsten Tag per Straf-App aufs Smartphone zu, inklusive Beweisfotos. Der Spaß kostet 500,- Rubel... wenn ich gleich bezahle, bekomme ich 50% Nachlass. Hab ich natürlich in der App gemacht, also kostete mich die Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 km/h innerorts 250,- Rubel. Das sind nach derzeitigem Krus: 3,20 EUR... in Worten: Drei Euro und zwanzig Cent... Noch Fragen?
Geschwindigkeitsverstöße werden hier in Russland wirklich wie ein Witz behandelt. Kein Wunder, dass es so viele Unfälle hier gibt, die auf unangepasste Geschwindigkeit zurückzuführen sind. Besonders auf den Moskauer Ringautobahnen kracht es regelmäßig heftig!
Noch ein paar Unterschiede zu unseren Vorschriften:
- Es gibt eine echte (!) Winterreifenpflicht von Oktober bis April
- Spikes sind erlaubt, ausdrücklich sogar erwünscht, aber keine Pflicht
- Zwischen 06:00 Uhr und 22:00 Uhr sind LKWs im Stadtgebiet verboten
- Ein grüner Lichtpfeil an einer Ampel heißt nicht, dass man bedenkenlos abbiegen kann (ist eher so wie unser grüner Schildpfeil)
- In Ortschaften gilt Tempo 60, auf Landstraßen Tempo 90, auf Autobahnen und Schnellstraßen Tempo 110 oder 130, je nach Beschilderung
- Polizeiautos, Rettungswagen, Regierungslimousinen, Militärpolizei und sonstige Einsatzfahrzeuge fahren immer (!) mit eingeschaltetem
Blaulicht herum und schalten an einer roten Ampel gerne mal die Sirenen kurz an, um sich so am Stau vorbeizumogeln
- Die unberechtigte Nutzung der Busspur ist sehr teuer und wird rigoros gefilmt und geahndet
Alles in allem ist der Straßenverkehr in Russland aber eher europäisch geprägt, auch was die Disziplin der einzelnen Verkehrsteilnehmer angeht. Kein Vergleich zu meinen Erfahrungen in Baku oder gar Kairo! Klar gibt es auch hier in Moskau solche, die glauben, sich aufgrund der Preisklasse ihrer Mercedes G-Klasse AMG an einer Ampel vorne anstellen zu dürfen oder einfach die Busspur nutzen zu dürfen. Etwaige Strafen bezahlen diese Herrschaften aus der Portokasse. Und harte Konzequenzen wie Fahrverbot oder Führerscheinentzug kennt man in Russland nicht. Heißt also, wer Geld hat, kann im Straßenverkehr wilde Sau spielen... bis es dann mal kracht.